Neumünster (red) Die Landesregierung hat einen Entwurf für eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes vorgelegt. Danach können, zusätzlich zu den 185 anerkannten Kur- und Erholungsorten in Schleswig-Holstein, auch Städte und Gemeinden mit einer ausgeprägten touristischen Infrastruktur und zahlreichen auswärtigen Gästen demnächst eine Abgabe erheben.

Voraussetzung ist, dass sie der Wirtschaftsminister als sogenannte Tourismusorte anerkennt. Die geplante Reform des Gesetzes erweitert den Kreis der Kommunen, die ihre Hoteliers sowie andere Personen und Unternehmen, die vom Tourismus wirtschaftlich profitieren, mit einer Abgabe an den kommunalen Aufwendungen für Tourismuswerbung beteiligen können. „Die Diskussion um die Bettensteuer hat gezeigt, dass Städte und Gemeinden Einnahmequellen suchen, die ihnen helfen, ihre Aufwendungen für ein attraktives touristisches Angebot teilweise zu refinanzieren“, so Innenminister Andreas Breitner zur Diskussion im Landtag. Die Tourismusabgabe sei eine gute und gerechte Alternative zur stark umstrittenen Bettensteuer. Die Entscheidung für eine Tourismusabgabe und deren inhaltliche Ausgestaltung treffe jede Kommune eigenverantwortlich. Das Stadtmagazin hat bei den in der Ratsversammlung vertretenen Parteien nachgefragt.

CDU: Abgabe nur bei Werbe- OffensiveMeinung und Politik
Neumünster ist der wichtigste Messe- und Veranstaltungsstandort in Schleswig-Holstein und hat das einzige Designer Outlet Center (DOC) in Schleswig-Holstein/Hamburg, das zudem das mit Abstand attraktivste Designer Outlet Center in ganz Norddeutschland ist. Das DOC hat viele auswärtige Besucher, auch aus anderen Ländern und von anderen Kontinenten. Es gibt viel Geschäftsreisetouristen und Durchreise-Touristen in der Stadt sowie Tagestouristen, die den Tierpark, den Gerisch-Park oder das Musum besuchen. Auch wenn Neumünster kein klassischer Kurund Erholungsort ist, ist der Tourismus hier mittlerweile bedeutsam. Die CDU würde es daher für selbstverständlich halten, dass die Landesregierung Neumünster als „Tourismus-Ort“ anerkennt. Ob die Stadt dann eine Tourismusabgabe erheben soll, ist eine andere Frage. Die Erhebung einer solchen Abgabe wäre zumindest dann zu rechtfertigen, wenn die Stadt auf der Basis eines von der Ratsversammlung verabschiedeten Konzepts massiv in die eigene touristische Attraktivität investiert und massiv Tourismus-Werbung betreibt und dies Hotels, Gast- und Pensionswirten sowie anderen Unternehmen zugute kommt. Wir meinen, es sollte keine Tourismusabgabe ohne entsprechende Gegenleistung der Stadt geben.

SPD: Gute Alternative zur BettensteuerMeinung und Politik
Im Grundsatz begrüßt die SPD die Debatte über eine Tourismusabgabe in Schleswig-Holstein und den Entwurf für eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes. Allgemein fällt es den Städten und Gemeinden schwer, Einnahmequellen zu finden, die ihnen helfen, ihre Aufwendungen für ein attraktives touristisches Angebot teilweise zu refinanzieren. Eine Tourismusabgabe, auch in Neumünster, erscheint als eine gute und gerechte Alternative zur stark umstrittenen Bettensteuer. Dabei muss die Entscheidung für eine Tourismusabgabe, deren Rahmenbedingungen und deren inhaltliche Ausgestaltung von jeder Kommune eigenverantwortlich getroffen werden können. Dabei ist aber sicher zu stellen, dass grundsätzlich die so generierten Finanzmittel aber nicht einfach als Einnahmen zu verbuchen, sondern zweckgebunden für die Entwicklung der Tourismusbranche eingesetzt werden. Ein Nebeneinander von Bettensteuer und Tourismusabgabe darf es aber keinesfalls geben. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Tourismusabgabe nicht willkürlich erhoben wird, noch dass sie zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Grundlage muss eine transparente Kalkulation sein, die die die individuellen Gegebenheiten unserer Stadt berücksichtigt. Die Tourismusabgabe soll keine Gewinne erzielen, sondern einen sinnvolle Unterstützung des touristischen Angebotes werden.

Bündnis 90/Die Grünen: Kein Meer direkt vor der TürMeinung und Politik
Ein sauberer Strand kostet Geld. Wie bei allen allgemeinen Gütern besteht das Problem darin, dass nicht alle Profiteure sich direkt an den Kosten beteiligen wollen („Trittbrettfahrer“). Die bisherige „Kurtaxe“ oder die geplante Tourismus- Abgabe ist in solchen Fällen nachvollziehbar. Allerdings nur dann, wenn tatsächlich auch ein großer Kreis von Profiteuren existiert. Die geplante Ausweitung der bisherigen Kur- und Erholungs- um „Tourismus-Orte“ ist solange unproblematisch, wie Gemeinden selbst entscheiden können, ob sie diesen Status erreichen wollen. Sollte das Land über den Umweg der Tourismus- Abgabe als „Fremdenverkehrsabgabe“ eine zusätzliche kommunale Pflicht-Steuer auf den Weg bringen wollen, wäre dies sicherlich kontraproduktiv im Wettbewerb mit Standorten in anderen Bundesländern. Neumünster ist zwar wegen der Zahl der Übernachtungen und Tagesgäste sicherlich ein touristischer Ort, allerdings bevorzugt doch eindeutig mehr ein Einkaufs-, Arbeits- und Standort für Gewerbe und Industrie als ein Luftkur- oder Erholungsort. Es ist zu bezweifeln, dass eine zusätzliche „Tourismus-Abgabe“ zu mehr städtischen Einnahmen führen würde im Wettbewerb mit den Städten an Ost- und Nordsee fehlt Neumünster hierfür einfach das Meer direkt vor der Tür.

BfB/Piraten: Es fehlt an touristischen HighlightsMeinung und Politik
Das Kommunalabgabengesetz sieht vor, dass Gemeinden und Städte mit besonders ausgeprägten touristischer Infrastruktur zusätzliche Abgaben erheben können. Wir sprechen hier über Neumünster, da sehe ich keine ausgeprägte touristische Infrastruktur. Museen mit Exponaten berühmter Künstler; Theater oder Oper mit klassischen oder modernen Werken; Schlösser oder zumindest ehemalige Herrenwohnsitze; Naherholungsgebiete wie Nord- oder Ostsee mit Bademöglichkeiten; eine altertümliche Innenstadt usw.; das alles ist Fehlanzeige in Neumünster. Und doch redet man über Tourismusabgabe. Sicherlich gibt es auch einige Punkte wie Tierpark, meinetwegen auch Tuchmuseum oder auch Gerisch-Park, doch das sind keine solch herausragenden Attraktionen, die eine zusätzliche Abgabe rechtfertigen. Sicherlich hat Neumünster viele Übernachtungen, doch muss man sich fragen, warum kommen Menschen nach Neumünster und übernachten hier. Da sind zum einen die Holstenhallen mit Messen wie die NordBau, die Pferdeausstellungen, Turniere und weitere Großveranstaltungen zu nennen und zum anderen sicherlich die zentrale Lage in Schleswig Holstein, die für Geschäftsreisende Übernmachtungsanreiz bietet. Von daher stellt sich für mich nicht die Frage, ob eine Tourismusabgabe für Neumünster sinnvoll ist.

FDP: Einnahmen keine Lösung für Haushalt Meinung und Politik
Die FDP Neumünster ist gegen diese Abgabe. Da die Stadt eher ein Ausgabenproblem als ein Einnahmeproblem hat, wären die Einnahmen keine Lösung für den städtischen Haushalt. Der bürokratische Aufwand ist den Beherbungsbetrieben nicht zuzumuten, sie würden sie sicherlich auf die Zimmerpreise umlegen. Der Gast soll dieses Geld lieber in unseren Eisdielen, Cafés und Geschäften ausgeben. Eine zunehmende Belastung des Bürgers durch unterschiedlichste Abgaben und Steuern ist nicht Ziel der FDP, sondern Offenheit und Klarheit sowie Entbürokratisierung. Eine Ausweitung dieser Abgabe lehnen wir ab. Neumünster sollte nicht als touristischer Standort anerkannt werden, nur um diese neuen Gebühren zu kassieren.

Die Linke: Abgabe tendenziell positivMeinung und Politik
Tendenziell steht Die Linke einer Abgabe positiv gegenüber. Die Landesfraktion hat mit der SPD für eine Abgabe gestimmt. In Brandenburg hat Die Linke mit der SPD eine Abgabe verabschiedet. Was für andere Städte zutreffen mag, können wir als Linke in Neumünster nicht beurteilen. Das Thema wurde ausführlich mit unseren Mitgliedern diskutiert. Das Ergebnis ist, dass Neumünster keinen nennenswerten Tourismuscharakter besitzt. Eine Befragung von auswärtigen Besuchern vor etwa einem Jahr hat ergeben, dass die meisten sich nicht vorstellen konnten, in Neumünster länger als einen Tag zu bleiben. Viele kannten Neumünster vom Ortsschild her, wenn sie nach Hamburg oder Kiel fahren. Die Linke befürchtet, dass durch die Einführung Kleinunternehmer wie Minigolfanlagen und Kioskbetreibern betroffen wären. Diese Geschäfte kämpfen jetzt schon ums Überleben. Wenn die Abgabe kommen sollte, würde das den Ruin der Geschäfte bedeuten. Es wäre wohl das Tröpfchen auf den heißen Stein.