Neumünster (em) „Handel im Wandel Herausforderungen für Neumünster“ hieß das Thema einer CDU-Veranstaltung im Hotel Prisma am Donnerstag, 15. Mai, zu der CDU-Kreisvorsitzender Wolf Rüdiger Fehrs über 60 Teilnehmer begrüßen konnte. In einer kurzen Einführung verwies CDU-Kreisvorstandsmitglied Thomas Michaelis, Initiator der Innenstadt-Initiative der CDU, darauf hin, dass der Einzelhandel mitten in einem massiven Strukturwandel stehe, der in Neumünster teilweise völlig unterschätzt werde. E-commerce-Unternehmen erzielten Umsatzzuwächse von 10 bis 50 Prozent jährlich bei einem Gesamt-Einzelhandels-Wachstum von nur einem Prozent. Aber auch die Verknüpfung von e-commerce und stationärem Einzelhandel schreite voran.

Der Referent des Abends, Jörg Lehnerdt von der bundesweit tätigen BBE Handelsberatung, führte detailliert zahlreiche Veränderungen im Einzelhandel auf. Als wichtige Triebfedern definierte er das Internet und den demographischen Wandel. In einigen Branchen erreiche der Verkauf über das Internet 20 bis 40 Prozent. Vom demographischen Wandel erwarte er einen Umsatzrückgang im Einzelhandel insgesamt. Im Einzelhandel gehe die Tendenz dazu, dass immer mehr Händler sowohl „stationär“ mit Einzelhandelsgeschäften als auch im Internet vertreten seien. Anhand von Stichworten wie „Location Based Services“ und „Near Field Communication“ verwies er auf den engen Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung und zukünftigem Einzelhandelsmarketing.

Früher sei die „Warenorientierung“ maßgeblich gewesen, heute sei es die „Vertriebsorientierung“. Man könne nicht „zu sehr auf Tradition setzen“. Wenn der Einzelhandel in Städten sage, die City müsse erreichbar sein, heiße die Antwort: „Das reicht nicht mehr.“ Discounter und Fachmärkte sind nach Auffassung von Lehnerdt „am Zenit angekommen“. Über Baumarkt-Konzerne sagte er: „Einer wird den anderen übernehmen und dann gehen sie zusammen pleite.“ Auch mittelgroße, „nicht-profilierte Möbelläden“ würden teilweise schon wieder verschwinden. „Wenn sie nicht etwas anderes zu bieten haben als tiefe Preise, sind sie weg.“ Neumünster stehe im Wettbewerb mit Kiel und Hamburg, aber auch mit „Online-Formaten“, so Lehnerdt. Früher hätten kleine Städte Probleme, jetzt seien es mehr die unprofilierten, die weder Shopping Center noch attraktive Fußgängerzonen hätten.

Lehnerdt hält das DOC und die Holsten-Galerie für einen „ganz schön großen Schlag“ für eine Stadt in der Größenordnung von Neumünster und bewertet dies sehr positiv. „Sie sind eine mittelgroße Stadt, aber Sie haben echte Highlights.“ Lehnerdt sieht die Fachgeschäfte zukünftig eher in einer attraktiven Holsten-Galerie als am Großflecken, weil sie „dort die besten Bedingungen finden“ werden. Die Innenstadt werde mit einer „Monostruktur Einzelhandel“ nicht mehr funktionieren. „Es ist die Mischung, die es macht.“ Die Mischung besteht nach seinen Worten aus Restaurants, Kultur, Dienstleistungen und Einzelhandel. Die Gastronomie werde an Plätzen wie dem Großflecken gegenüber dem Warenverkauf an Bedeutung gewinnen. Der Großflecken müsse „spannend gemacht werden“.

Lehnerdt: „Das Bedürfnis, raus zu gehen an die frische Luft, müssen Sie bedienen.“ Der Großflecken wirke leer, weil kein „Fokus da ist“. Lehnerdt empfiehlt in Bezug auf das Image an die Stadt Münster anzuknüpfen. „Münster ist eine tolle Stadt. Viele denken bei Neumünster an Münster und dann noch an ‚neu‘“. Hierzu würde der Großflecken nicht passen, weil er „im Design etwas in die Jahre gekommen“ sei. Kritik übte Lehnerdt auch an anderen Teilen der Innenstadt. Der Konrad-Adenauer-Platz sei städtebaulich unattraktiv. „Der Kuhberg könnte ein Boulevard sein, ist es aber nicht.“ Vom Erscheinungsbild sei der Kuhberg „deutlich unter den Möglichkeiten“ mit vielen nicht attraktiven Nutzungen. Lehnerdt drängte die Stadt dazu, „wichtige Fragen nicht lange in der Schwebe zu halten“. Dies sei „Gift für Investitionen. Egal, wie die Lösung ausfällt, sie müssen eine finden.“ Veränderungen bei der Verkehrslenkung müßten kommuniziert werden. Die Alternative „ganz oder gar nicht“ führe in die falsche Richtung. Gerade nach verkehrlichen Veränderungen sei ein funktionierendes Parkleitsystem von großer Bedeutung. Lehnerdt empfiehlt eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit den Grundeigentümern im Rahmen eines „Business Improvement District“-Projektes, bei dem beide Seiten Verbesserungen umsetzen und davon profitieren würden. Der „Neue Wall“ in Hamburg sei hierfür ein gutes Beispiel.