Norderstedt (rj) Beschlossene Sache: Die Steuern gehen in Norderstedt nach oben.

Im Detail bedeutet das: Die Grundsteuer B steigt von 260 auf 410 Prozent. Die Erhöhung sorgt bei Grundstückseigentümern oder Mietern für jährliche Mehrkosten zwischen 60 und 300 Euro. Die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Betriebe wird von 250 auf 300 Prozentpunkte angehoben. Und: Die Gewerbesteuer steigt von 390 auf 420 Prozent. Wie Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote betont, ist die Erhöhung der Steuerhebesätze „unumgänglich“ gewesen. Grund: Allein der entstandene Mehrbedarf durch die Erhöhung der Kreisumlage ergab für den Zeitraum 2011 bis 2014 eine Deckungslücke von rund 16,1 Millionen Euro. Hinzu kommen weniger Gewerbesteuereinnahmen insgesamt 8 Millionen Euro.

Baumschenkung sorgt für Kritik
Angesichts der anstehenden Herausforderungen, unter anderem durch den ab 2013 gültigen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für die unter Dreijährigen, wäre es zu einem nicht ausgeglichenen Haushalt gekommen. Kommt jetzt das eiserne Sparen von Verwaltung und Politik? 24 Stunden nach den beschlossenen Steuererhöhungen wird auf der Sitzung des Umweltausschusses eine Baumschenkungsaktion an interessierte Bürger abgenickt. Hierfür sollen nun jährlich 30.000 Euro an Haushaltsmitteln bereitgestellt werden. „Auf die Frage, wie dieser Irrsinn dem Bürger zu vermitteln ist, konnte niemand eine Antwort geben“, erklärt FDP-Stadtvertreter Tobias Claßen kopfschüttelnd. Bleiben Fragen: Reichen Steuererhöhungen allein aus? Wie sollen künftige Lücken gedeckt werden? Den Bürger einfach weiter belasten? Das wollten wir von den Parteien wissen.

CDU: Königsweg heißt Schuldenabbau
Die beschlossene Erhöhung der Steuerhebesätze war kurzfristig leider unumgänglich. Die schlechtere Alternative wäre ein nicht ausgeglichener Haushalt mit einem erheblichen strukturellen Defizit. Gleichzeitig würde jeder finanzielle Spielraum zur Bewältigung der zusätzlichen Aufgaben insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung fehlen. Doch allein das Drehen an der Steuerschraube wird nicht reichen, mehr Sicherheit und Solidität in den Norderstedter Haushaltsfinanzen zu erreichen. Eine zentrale Rolle bei der Übernahme von Aufgaben könnten die Stadtwerke spielen, da es beispielsweise im IT-Bereich, Gebäudemanagement, Stadtplanung und Tiefbau parallel betriebenen Aufwand gibt. Auch die kritische Prüfung des Stellenplans und andere Einsparungen müssen diskutiert werden. Die CDU wird für den Haushalt 2012/13 Vorschläge unterbreiten und Anträge stellen, damit im städtischen Haushalt deutlich wird: Der Weg zu mehr Generationengerechtigkeit führt über sparsames Wirtschaften und Abbau der Schulden.

SPD: Konsequente Sparmaßnahmen
Wir hatten eine gleichmäßige Erhöhung für Besitzer von landwirtschaftlichen Betrieben, Hausbesitzer und Gewerbetreibende vorgesehen. Gerade Mieter mit kleinen und mittleren Einkommen zahlen jetzt, wie von CDU, GALiN und Linke beschlossen, die Zeche für das Einnahmedefizit. Dennoch hätten unsere geplanten Erhöhungen den städtischen Haushalt ohne unsoziale Härte sauber ausgeglichen. Für die Finanzierung künftiger Mehrausgaben im Bereich Kinderbetreuung und Schulen haben wir verlangt, dass die Verwaltung ihre Strukturen und Arbeitsabläufe überprüft und Ausgaben in der Kernverwaltung einspart. Der Oberbürgermeister hat die Vorlaufzeit von einem Jahr dazu leider nicht genutzt. Wir setzen uns zur Kosteneinsparung für eine Betreuung der städtischen Gebäude sowie der EDV durch die Stadtwerke ein. Zudem wollen wir die Zusammenarbeit Norderstedts mit Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen in den Bereichen Personalverwaltung, Rechtsamt und Rechnungsprüfung vorantreiben.

GALiN: Eigenbetriebe auf Prüfstand
Mit dem Beschluss, im zweiten Nachtragshaushalt die Grundsteuer A und B und die Gewerbesteuer zu erhöhen, verbessern sich vorerst dauerhaft die Einnahmen für den städtischen Haushalt. Angesichts der anstehenden Herausforderungen, unter anderem durch den ab 2013 gültigen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für die unter Dreijährigen, werden wir zur Beratung des Doppelhaushaltes 2012/2013 auch die Ausgaben intensiv durchforsten. Besonders gründlich wird die GALiN-Fraktion die in den letzten zehn Jahren zahlreich gegründeten städtischen Eigenbetriebe auf Wirtschaftlichkeit untersuchen. Städtische Aufgaben in Gesellschaften auszugliedern, war eine Zeitlang beliebter Trend, bis man erkannte, dass eine dauerhaft auf städtische Subventionen angewiesene Gesellschaft teurer ist, als diese Aufgaben direkt in der Stadtverwaltung erledigen zu lassen. Seitdem ist dieser Trend rückläufig und wird landauf, landab korrigiert. Zudem sind diese „Schattenhaushalte“ dort der Kontrolle durch die Stadtvertretung weitgehend entzogen.

FDP: Kostendeckung verbessern
Erstaunen und Unverständnis bei Politik und Verwaltung ernteten die FDP-Vertreter in den Ausschüssen der Stadt, als sie bei den Beratungen des jetzigen Haushaltes eine Verbesserung von Kostendekkungsgraden und das Suchen nach Einsparungsmöglichkeiten vorschlugen. Jetzt hat die Stadtvertretung die Grundsteuern und die Gewerbesteuer erhöht, um den Haushalt auszugleichen. Die Erhöhung der Gewerbesteuer hat die FDP als Sonderopfer abgelehnt. Mehr Firmen bedeuten langfristig nicht nur mehr Arbeitsplätze, sondern auch mehr Gewerbesteuer. Aber trotzdem philosophieren die Vertreter der anderen Fraktionen über eine Umgestaltung des Feuerlöschteiches in Garstedt (150.000) und beschließen, Bäumchen zu verschenken (30.000). Die FDP Norderstedt setzt sich weiterhin für intelligentes Sparen ein; wir haben die Bürgerbeteiligung für den kommenden Haushalt mitgetragen. Vielleicht machen uns auch die Bürger Vorschläge für einen sparsamen und effektiven Umgang mit unser aller Steuergeldern.

Die Linke: Bund & Land in der Pflicht
Die aktuellen Steuererhöhungen reichen zunächst sicher aus. Aber damit ist ein viel größeres Problem nur verschoben: Bund und Land gönnen sich eine sogenannte Schuldenbremse, vermeintlich vernünftig, aber ausbaden werden es die Kommunen, soviel ist sicher. Schon die aktuelle Erhöhung der Kreisumlage, die für Norderstedt eine erhebliche Mehrbelastung bedeutet, zeigt, was es bedeutet, wenn sich Bund und Land aus der Verantwortung stehlen und den bisher hilflosen Kommunen immer mehr Pflichtaufgaben übertragen. Allein die zusätzlichen Stellen für Kindertagesstätten und Ganztagsbetreuung in den Schulen werden zusätzliche Millionen beanspruchen. Mag sein, dass die Wirtschaft bis 2013 wieder auf dem Vorkrisenniveau läuft, dann könnte es für Norderstedt allein reichen. Wenn aber das Land nach der nächsten Wahl weiter an seinem Kurs der Konsolidierung auf Kosten der Kommunen weiter beibehält, werden wir schon in zwei Jahren die nächste Diskussion um höhere Abgaben haben.