Bad Bramstedt (rj) Zwei Jahre nach Fertigstellung des ersten Bauabschnittes gab Verkehrsminister Jost de Jager am 7. Dezember nach knapp 27 Monaten Bauzeit den zweiten Abschnitt der Ortsumgehung für den Verkehr frei.

Was kommt 2012, insbesondere, was die Innenstadtgestaltung und das geplante Fachmarktzentrum angeht? Über diese und weitere Themen sprachen wir mit Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach.

Die Haushaltslage ist prekär. Ist Bad Bramstedt noch zahlungsfähig?
In der Tat war vor einem Jahr die Prognose für 2012 so katastrophal, dass man wirklich Angst haben musste, wie es überhaupt weitergehen soll. Es gibt aber einen kleinen Silberstreif am Horizont, weil die wirtschaftliche Erholung im Land sich auch bei den Einnahmen der Stadt bemerkbar macht. Da diese Erholung bei uns jedoch nur sehr langsam ankommt, können wir die laufenden Ausgaben nicht vollständig durch die Einnahmen decken. Diese Lücke ist der stolze Betrag von über 6 Millionen Euro. Langfristige Kreditverpflichtungen, beispielsweise durch Baumaßnahmen an den Schulen, sind dadurch nicht sicherer geworden.

Die Realisierung der Ortsumgehung eröffnet neue Chancen.
Das ist sicher ein Meilenstein für die Stadt, auf den wir jahrzehntelang hingearbeitet haben. Jetzt darf es keine Ausreden mehr geben, dass wir uns nicht erweitern oder umgestalten können. Mit dem Planungsprozess sind wir ein wenig steckengeblieben, was die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt angeht. Wir hätten da über den Schatten springen müssen. Aber wir haben die Möglichkeit, 2012 in die Verkehrsströme entscheidend einzugreifen.

Was sind die nächsten Schritte?
Es gibt zwei wichtige Stellschrauben, die wir sehr sorgfältig drehen müssen. Zum einen fließt zu viel Kaufkraft aus der Stadt ab. Das neue Fachmarktzentrum im Gewerbegebiet könnte die Situation durchaus verbessern. Die Diskussion darüber wird im Januar weitergehen, beispielsweise, ob so ein Zentrum auch Lebensmittel vorhalten sollte und welche Auswirkungen es auf die Innenstadt hätte. Das birgt ein Risiko, aber auch eine Chance. Die Unternehmer in der Innenstadt wiederum müssen schauen, wie sie sich in einer veränderten Innenstadt positionieren und darstellen. Das kreative Potential ist vorhanden, wie man an den verkaufsoffenen Sonntagen sehen kann. Der zweite Punkt betrifft die verkehrliche Situation, die wir lösen müssen.

Kommt es zur Tempo-30-Zone?
So wie die Innenstadt jetzt aussieht, bekommen wir sie von der Verkehrsaufsicht nicht genehmigt, weil die bauliche Gestaltung der Straßen nicht den Anforderungen entspricht. Hier müssen Umgestaltungen vorgenommen werden.

Die Kreisel-Idee kam nicht gut an.
Bei der Idee hätten wir aber sicher davon ausgehen können, dass die Verkehrsaufsicht Tempo 30 genehmigt. Anlieger und Bevölkerung wünschen sich jedoch eine andere Lösung. Im Januar und Februar wird es Beratungen geben, zum Beispiel über die lieb gewordenen grünen Ecken. Es muss sich auf jeden Fall etwas ändern, sonst gibt es kein Tempo 30, und ohne Tempo 30 besteht die Gefahr, dass die Ampeln auf Bleeck und Kirchenbleeck bleiben.

Ist die Schließung der Hamburger Straße von Tisch?
Endgültig darf ich nicht sagen, weil dazu noch eine abschließende Entscheidung aussteht. Ich gehe davon aus, dass am Ende des Jahres 2012 und darüber hinaus die Hamburger Straße zumindest in einer Richtung nach wie vor offen ist.

Die Pläne für einen Discounter in Fuhlendorf scheinen gescheitert zu sein. Welche Rolle spielt die Nachricht für das geplante Fachmarktzentrum?
In der Stadtverordnetenversammlung im Dezember ist der Bebauungsplan für die südliche Hamburger Straße beschlossen worden, wo der neue Edeka-Markt entstehen soll. Daneben existieren Famila, Sky, Lidl und Aldi. Eigentlich genug Lebensmittelmärkte, das vorliegende Einzelhandelsgutachten lässt uns aber einen kleinen Spielraum, über deren Interpretation in den Fraktionen gestritten wird. Ein bisschen mehr Lebensmittel würde auf jeden Fall irgendwo noch gehen, möglicherweise im Rahmen des Fachmarktzentrums. Die Entscheidung wird im Januar oder Februar fallen.

Eine gute Nachricht für den Investor, der auf einen Lebensmittelmarkt pocht, oder?
Ja, momentan sieht es sehr danach aus.

2012 steht auch die Entscheidung an, wer die nächsten sechs Jahre die Geschicke der Stadt leitet. Warum wollen Sie ein drittes Mal antreten?
Ich habe mir lange überlegt, ob zwölf Jahre reichen. Es gibt berufliche Alternativen, aber mich reizen die Aufgaben, die hier in Bad Bramstedt nach wie vor anstehen, seien es die Finanzen oder die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt. Eine so lange Amtszeit hätte ich mir damals nicht vorstellen können. Irgendwann relativiert sich aber jeder Zeitraum.

CDU: Mehr Gewerbe für die Stadt

Alle Anstrengungen werden verstärkt in die Umgestaltung der Innenstadt gehen. Eine Leistung, die nur gemeinsam mit Anwohnern, Verwaltung, Interessengruppen und den Kommunalpolitikern erreicht werden kann. Bei der Stadtentwicklung stehen bei uns zwei große Themen ganz oben auf der Agenda, nämlich die Innenstadtgestaltung und die Gewerbeansiedlung. Die Einsicht mancher Ideengeber in eine machbare und mit den Verfassern des Tourismuskonzepts abgestimmte Vorgehensweise, wird uns im ersten Halbjahr beschäftigen. Eventuelle Fördermittel stehen immer unter dem Vorbehalt hoher Eigenanteile der Stadt. Ein Spagat, den wir bei leeren Stadtkassen nur schwer tragen können. Die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe und die Stärkung des örtlichen Handels wird ein weiterer Schwerpunkt sein. Als Unterzentrum attraktiv für den Kunden aus dem Ort und dem Umland zu bleiben und diese Struktur weiter zu entwickeln, ist ein Wunsch für 2012. Die CDU beklagt die Leerstände in Ladengeschäften und Praxen. Hier ist aber auch der Eigentümer von Gewerbe-Immobilien gefragt, mit marktgerechten Angeboten den Prozess der Wiederbelegung zu begünstigen. Ein vorrangiges Ziel ist auch die Verkehrsberuhigung in weiten Teilen der Innenstadt. Die Aufenthaltsqualität auf Bleeck, Kirchenbleeck, Maienbeeck und Landweg sollte sich durch die Umgehungsstraße erheblich verbessern.

SPD: Innenstadtideen jetzt umsetzen

2012 werden uns zwei zentrale Themen begleiten: Die Innenstadtgestaltung bzw. Umsetzung des Tourismuskonzeptes und als Dauerthema die städtischen Finanzen. Zu Letzterem sei gesagt, dass es eine Illusion ist, dass wir durch Sparen den Haushalt sanieren können. 2012 gibt es ein Loch von rund 3 Millionen Euro. Die Ausgaben sind fast alle durch gesetzliche Vorgaben bestimmt (Schulen, Kindergärten, soziale Sicherung), und an der Schraube der örtlichen Steuern und Abgaben haben wir genug gedreht. Helfen kann nur eine bessere Finanzausstattung der Kommune durch das Land und den Bund. Wer anderer Ansicht ist, möge laut sagen, welche örtliche öffentliche Einrichtung er schließen oder verteuern will. Zum Fortgang der Innenstadtgestaltung hat der Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus kürzlich auf Antrag der SPD einstimmig einen Zeitplan verabschiedet, der konkrete Ergebnisse für das Frühjahr 2012 bringen soll. Dieser Plan wird dann die Grundlage für weitere Schritte zur Umgestaltung sein. Insbesondere soll er die Grundlage sein, an Gelder aus EUMitteln oder anderen Fördertöpfen zu kommen. Wir meinen, dass die Neugestaltung von Maienbeeck, Landweg, Kirchenbleeck und Bleeck in 2012 begonnen werden muss, damit die entlastende Wirkung der Umgehungsstraße spürbar und der Sinn der ganzen Baumaßnahme für die Bürger erlebbar wird.

FDP: Finanzen im Blick behalten

Mit der Fertigstellung der Umgehungsstraße in diesen Tagen können die Bad Bramstedter auf ein weiteres großes Projekt zurückblicken, das vollendet werden konnte. Es wird vieler weiterer Anstrengungen bedürfen, dieses Jahrhundertprojekt in das Stadtbild zu integrieren. Dafür liegen viele Planungen vor, die mit großer Bürgerbeteiligung in den städtischen Gremien weiterentwickelt wurden, aber endgültig noch beschlossen werden müssen. Die Stadt hat ein Tourismuskonzept auf den Weg gebracht. Dieses soll die Basis bilden, die vorliegenden Ideen und Pläne zu verwirklichen und auch zu finanzieren. Die FDP wird insbesondere darauf achten, dass im Rahmen dieser Grundlagen zuerst mit den Maßnahmen begonnen wird, die dazu beitragen, den Durchgangsverkehr aus dem Stadtzentrum herauszuhalten. Weitere Schritte werden erst dann folgen können, wenn die Finanzierung auch mit überregionalen Mitteln sichergestellt ist. Der in diesen Tagen beschlossene Haushalt lässt nicht erwarten, dass dies sehr schnell eintreten wird. Die erst wenige Wochen zurückliegende Beendigung der Baumaßnahmen an der Gemeinschaftsschule und dem Gymnasium haben Spuren hinterlassen. Die Möglichkeiten der Stadt sind damit weitestgehend ausgeschöpft. Es wird etwas Zeit bedürfen, Bad Bramstedt jetzt so „einzurichten“, bis die Segnungen der Umgehungsstraße voll zur Geltung kommen.

Bündnis 90/Die Grünen: Der Verkehr muss raus

Die Umgehungsstraße ist in diesen Tagen in Betrieb genommen worden. Der erste Eindruck ist der, dass sich die Verkehrsverhältnisse in der Innenstadt dadurch nicht grundlegend verändert haben. Die von vielen erwartete Verkehrsberuhigung ist noch nicht eingetreten. Hieraus ergibt sich eine zentrale Aufgabe der Kommunalpolitik im kommenden Jahr: Wir müssen Wege finden, den Verkehr in der Innenstadt zu beruhigen. Dazu wird die Einrichtung einer Tempo-30-Zone ein wichtiges Mittel sein. Die Fußgänger und Radfahrer sollen stärker als bisher bei der Verkehrsplanung berücksichtigt werden. Damit steht im Zusammenhang, dass die Innenstadt attraktiver zu gestalten ist. Der Bleeck soll eine höhere Aufenthaltsqualität bekommen mit einem erweiterten gastronomischen Angebot. Ob und wie weit die kommunalen Finanzmittel reichen werden, ist fraglich. Wir werden gegebenenfalls kleinere Schritte tun müssen, um unser Ziel zu erreichen. Gleiches gilt sinngemäß auch für Kirchenbleeck, Maienbeeck und Landweg. Hier ist die kleinteilige Geschäftsstruktur zu stärken, soweit das für die Stadt möglich ist. Alle vorgesehenen Maßnahmen sollen in Bürgerversammlungen und Workshops öffentlich diskutiert werden. Für das Jahr 2012 gilt: Die Aufgaben sind groß, die finanziellen Mittel der Stadt sind äußerst begrenzt. Damit sind intelligente Ideen gefragt. Packen wir es an!