Norderstedt (rj) Nach dem Todesfall der elfjährigen Chantal in Hamburg, ist die Qualität und Kontrolle der Unterbringung von Pflegekindern verstärkt den Fokus gerückt. Mittels einer Anfrage an die Verwaltung hat die SPD dieses Thema jetzt auch in Norderstedt auf die Tagesordnung gebracht.

Wie läuft die Erstüberprüfung, gibt es regelmäßige Überprüfungen und Kontrollbesuche? Mit der Bewerbung werden Unterlagen wie Führungszeugnis, ärztliche Begutachtung, Verdienstbescheinigung und ausführlicher Lebensbericht verlangt.
Auf dieser Grundlage erfolgt ein erstes, etwa 90-minütiges Informationsgespräch, danach eigentlich ein zweitägiges Pflegeelternseminar, das bisher zusammen mit dem Kreisjugendamt Segeberg durchgeführt wurde. Doch derzeit finden diese Seminare nicht statt, werden die Inhalte in Einzelgesprächen vermittelt. Aus der Verwaltung heißt es, dass eine Wiederaufnahme der Seminare angestrebt werde. Hinzu kommen noch mindestens zwei angemeldete Hausbesuche und fünf zusätzliche Gespräche. Andere Institutionen, wie zum Beispiel ein Gericht, werden nicht befragt. Zwei Mitarbeiter des Fachdienstes Pflegestellen und Adoption des Jugendamtes sind für die Überprüfungen zuständig. Auch die Entwicklung des Kindes, die Beziehung zwischen Kind und Pflegeeltern sowie das Umfeld des Kindes wie Wohnverhältnisse, Schul- bzw. Kitabesuch stehen auf ihren Aufgabenzetteln.

Durch die Prüfungen, Schulungen, Kontrollen und Begleitungen kann das Risiko, dass Kinder in Pflegefamilien zu schaden kommen, stark begrenzt werden, heißt es von der Verwaltung, gleichwohl seien Katastrophen nicht gänzlich auszuschließen, wo Menschen für Menschen in Not eingesetzt werden.

Wir fragten die Parteien:
Wie steht es um die Pflegekinder in der Stadt? Was fehlt?

CDU: Personal ist ausreichend

Nach dem Fall Chantal ist es nicht nur opportun, sondern auch legitim, nach der Situation in der eigenen Stadt zu fragen. Dabei muss jedoch jedermann klar sein, dass keiner sagen kann „hier passiert das nicht“. Politik und Verwaltung, hier das Jugendamt, müssen alles in ihrer jeweiligen Verantwortung tun, um eine Gefährdung des Kindswohls so gering wie nur möglich zu halten. Die Alternative zu Pflegestellen ist die Heimunterbringung. Das dürfte für ein Kind immer die schlechtere Möglichkeit sein. Insofern ist es sehr wünschenswert, mehr Pflegestellen in Norderstedt zu haben also mehr Pflegeeltern. Das ist leichter gesagt als getan. Das Jugendamt sucht permanent nach geeigneten Pflegeeltern, die erst nach einer wirklichen Prüfung auf Herz und Nieren als Pflegestelle angenommen werden. Das Personal im Jugendamt ist nach einer jüngeren Untersuchung ausreichend, die Kontrollen erfolgen regelmäßig und auch mal ohne Voranmeldung. Darüber hinaus ist sichergestellt, dass eventuelle Probleme oder Bedarfe auch politisch sofort beseitigt werden.

SPD: Brauchen mehr Pflegefamilien

Unsere Fraktion hat unmittelbar nach Bekanntwerden der schlimmen Ereignisse in Hamburg eine offizielle Anfrage an das Jugendamt Norderstedt gestellt. Die Antworten, die der Öffentlichkeit jetzt präsentiert wurden, decken sich dabei mit dem positiven Eindruck, den wir von der Arbeit des Jugendamtes über viele Jahre gewonnen haben. Das Kontrollnetz in Norderstedt ist im Verhältnis zu Hamburg wesentlich engmaschiger. Wir haben von Seiten der Politik bewusst darauf verzichtet, sogenannte freie Träger der Jugendhilfe mit der Erfüllung dieser Auswahl- und Kontrollfunktion für Pflegefamilien zu beauftragen. Wie richtig dieser Schritt war, zeigt sich in dieser Situation. Gleichwohl brauchen wir viel mehr intakte Familien, die bereit sind als Pflegefamilien Kindern und Jugendlichen für eine bestimmte Zeit ein neues Zuhause zu geben. Hier erwarten wir von der Stadtverwaltung mehr Engagement und neue Ideen, damit wir die immer noch hohe Zahl von in Obhut genommenen Kindern auch weiterhin gut und sicher unterbringen können.

GALiN: Die Betreuung ist gut

Nach Auffassung der GALiN ist die Betreuung der Kinder in Norderstedter Pflegefamilien gut. Wie aus den Antworten des Jugendamtes auf die teilweise sehr detaillierten Fragen zum Thema Betreuung klar wird, gibt es für den Prozess der Auswahl von Familien konkrete Vorgaben und Verfahrensabläufe. Die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes für diesen Teilbereich sind für die Pflegeeltern ansprechbar und kümmern sich auch um eventuell während der Betreuung auftauchende Probleme. Die Verankerung im gesamten sozialen Netzwerk ist sichergestellt.
Auch wenn etwas gut getan wird, kann das nicht heißen, dass man es nicht noch verbessern könnte. Dass das Jugendamt die vorhandenen Prozesse überprüft und notwendige Anpassungen machen wird, geht aus den Antworten ebenfalls hervor.
Die GALiN-Fraktion unterstützt den Anspruch, den das Jugendamt zum Wohle der Kinder an sich stellt und verfolgt diese Arbeit aufmerksam.

FDP: Pflegefamilie statt Heim

Die traurigen Vorfälle in Hamburg führen dazu, dass Pflegefamilien sehr kritisch gesehen werden. Fakt ist aber, dass den dort betreuten Kindern mehr geboten wird als die andere Alternative, nämlich die Heimunterbringung, bieten kann. Während sich im Heim wechselnde Mitarbeiter um die Kinder kümmern, sind in der Pflegefamilie Mutter, Vater und idealerweise Geschwister rund um die Uhr Bezugspersonen. Sie haben keine 39-Stunden- Woche und die Kinder, die ja schon schwierige Lebenssituationen erlebt haben, können hier Geborgenheit finden. Deshalb setzen wir Liberalen uns für eine besondere Stärkung der Pflegefamilien ein. Wichtig ist dabei nicht nur, dass eine umfangreiche Erstüberprüfung verbunden mit Hausbesuchen und strukturierten Gesprächen stattfindet, es sollte auch ein Pflegeelternseminar angeboten werden. Aber auch danach muss der Kontakt zwischen Pflegefamilie und Jugendamt erhalten bleiben, um die Entwicklung des Kindes zu beobachten und bei Schwierigkeiten vertrauensvolle professionelle Hilfe zu bieten.

Gerne hätten wir an dieser Stelle die Meinung der Linken abgedruckt, eine Stellungnahme erreichte uns trotz Nachfrage jedoch nicht.